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Sogwirkung

Sergej Prokofjew und Igor Levit

Mit dem Schwerpunkt „Prokofjew | Levit“ geht für Igor Levit ein Traum in Erfüllung. An drei März-Abenden spielt der deutsche Pianist die fünf Klavierkonzerte von Sergej Prokofjew mit dem Budapest Festival Orchestra unter Iván Fischer. Weitere Orchesterwerke Prokofjews runden das Bild dieses musikalischen Neuerers am Beginn des 20. Jahrhunderts.

© Felix Broede

Die musikalische Erde bebte noch nach von der Pariser Uraufführung des „Frühlingsopfers“ von Igor Strawinsky wenige Monate zuvor, da gab es im Sommer 1913 schon die nächste tektonische Erschütterung der revolutionierenden russischen Musik – diesmal in Pawlowsk. „Von solcher Musik wird man irrsinnig“, schrien Menschen, als sie aus dem Konzertsaal vor dem gewaltigen und grandiosen Zweiten Klavierkonzert des jungen Pianisten Sergej Prokofjew flüchteten. Der Skandal schadete dem 20-jährigen Musiker keineswegs, er machte ihn zur Kultfigur der St. Petersburger aufblühenden Avantgarde, den Verleger und Veranstalter mit Angeboten überhäuften. Bis zum Ausbruch der Russischen Revolution hatte sich Prokofjew bereits als ein Komponist etabliert, der sich von den überwuchernden spätromantischen Ausdrucksdifferenzierungen distanzierte, und zwar in alle Richtungen, nicht nur mit vollkommen neuer, vor allem das harmonische System aufbrechender Musik, sondern auch mit der Revitalisierung alter Formen, wie in der „Symphonie classique“.

Dieses prickelnde Werk, das wie Champagner klingt, wird am Ende des drei Konzerte umspannenden Prokofjew-Projekts mit dem Budapest Festival Orchestra unter der Leitung seines Chefdirigenten Iván Fischer und mit dem Pianisten Igor Levit erklingen, quasi als Trinkspruch auf einen Komponisten, der die Welt mit unglaublich farbenreichen neuen Harmonien, unendlich weit gespannten Melodien und motorisch-packenden Rhythmen bereicherte und ausdrucksstarke musikalische Bilder schuf, deren Sogwirkung sich Musizierende wie Hörende nicht entziehen können. Prokofjew durchschritt nicht nur in der Musik, sondern auch im Leben viele Welten: Er verließ unmittelbar nach der Russischen Revolution sein Heimatland Richtung Westen, weil er in den Umbrüchen der russischen Gesellschaft als Komponist keinen sicheren Boden mehr sah; über die USA, die zunächst nur den Pianisten und erst zögerlich den Komponisten anerkennend empfingen, führte ihn nach einem kurzen Aufenthalt im bayerischen Kloster Ettal sein Weg nach Paris als Lebensmittelpunkt. Doch von dort aus brach er immer öfter auch wieder auf Konzertreisen in sein Heimatland auf und kehrte schließlich hoffnungsfroh dorthin zurück. Aber auch er geriet in die Fänge des Stalinismus, weil er nicht bereit war, seine autonome Kreativität der geforderten sogenannten „Volksnähe“ zu opfern. Und das alles als ein Künstler, der sich „für meinen Teil nicht um Politik kümmere; die Kunst hat nichts mit ihr zu tun“. Einer, der künstlerisch in ständiger Bewegung blieb: „Ein Komponist muss immer neue Ausdrucksmöglichkeiten suchen. [Ansonsten] wird er sich unausweichlich wiederholen, und das ist stets der Anfang vom Ende.“

So wird das dreitägige Prokofjew-Projekt im Musikverein auch zu einer Beweisführung der permanenten schöpferischen Neufindung. Paritätisch aufgeteilt werden im Westen und in Russland entstandene Werke zu hören sein. Der Querschnitt in den drei Konzerten durch dieses monolithische musikalische Schaffen reicht vom Ersten Klavierkonzert, mit dem Prokofjew gleich einmal einen riesigen neuen Raum zur Entfaltung seiner Ideen eröffnet hatte, über die Fünfte Symphonie, die zwischen Monumentalität und Lyrik eine ganze musikalische Epoche erfasst, hin zu Suiten aus zwei seiner Bühnenwerke, die in den USA beauftragte Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ und das am Bolschoi Theater Moskau uraufgeführte Ballett „Cinderella“, zwei Werken, in denen aus märchenhaften Sujets zutiefst empfindsame Musik, alle Dramen und Freuden menschlichen Lebens erfassend, gewonnen wurde. Als Parameter einer sich zwar stets erneuernden, aber gleichzeitig konstant authentischen, unverwechselbaren Musik, die kühn-modern aufpeitscht und dann wieder Geborgenheit schenkt, ziehen sich die fünf Klavierkonzerte durch diesen Schwerpunkt. Igor Levit, Solist zwischen Gedankentiefe und Virtuosität, ist voller Vorfreude: „Ich habe, seit ich Kind war, davon geträumt, alle Prokofjew-Konzerte zu spielen. Jedes ist ein Juwel. Jedes ist ein Ereignis. Dass dieser Traum jetzt endlich in Erfüllung geht, und das mit so wunderbaren Kollegen wie dem Budapest Festival Orchestra unter der Leitung von Iván Fischer in diesem einzigartigen Saal, dem Wiener Musikverein, ist wirklich wunderschön.“

Rainer Lepuschitz

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