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Mit Charisma und Temperament

Fokus Mirga Gražinytė-Tyla

Mit ihrem großen Erfolg als Chefdirigentin des City of Birmingham Symphony Orchestra machte Mirga Gražinytė-Tyla ab 2016 international auf sich aufmerksam. Seither ist die vielseitige Litauerin in den wichtigsten Konzertsälen der Welt zu Gast. Im Musikverein ist sie 2024/25 Künstlerin im Fokus und debütiert als Konzertdirigentin bei den Wiener Philharmonikern.

© Deutsche Grammophon - Andreas Hechenberger

Eigentlich war es eine Verlegenheitslösung, dass sie sich für das Dirigieren entschied. Mirga Gražinytė-Tyla wuchs zwar in einer Musikerfamilie auf, die Großmutter Geigerin, der Vater einflussreicher Chordirigent, die Mutter Pianistin. Aber wie das manchmal so geht, in Musikerfamilien: Sie hatte kein Instrument ausreichend gut gelernt, nur das Singen war ihr ein selbstverständliches Ausdrucksmittel. Als sie zum Studium nach Graz ging, belegte sie deshalb zunächst das Fach Chordirigieren – bei keinem anderen als Johannes Prinz, dem Chordirektor des Singvereins der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, der in seiner Klasse an der Grazer Kunstuniversität Chor- und Orchesterdirigent:innen im ersten Jahrgang gemeinsam zu unterrichten pflegte. Bei ihm machte sie den Chor-Bachelor, ehe sie sich auf die Orchesterleitung verlegte. Anschließend absolvierte sie Studien am Konservatorium in Bologna, an der Musikhochschule Leipzig und an der Zürcher Hochschule der Künste. 2010 gab sie ihr Operndebüt mit „La traviata“ in Osnabrück, in der Folge wurde sie Kapellmeisterin am Theater Heidelberg und am Konzert Theater Bern.

© Frans Jansen

Internationale Aufmerksamkeit erregte Mirga Gražinytė-Tyla bereits 2012, als sie bei den Salzburger Festspielen mit dem Young Conductors Award ausgezeichnet wurde. Es folgte ein Dudamel Fellowship beim Los Angeles Philharmonic, wo sie zum Assistant Conductor und anschließend zum Associate Conductor bestellt wurde. Damit hatte sie den entscheidenden Schritt ins symphonische Repertoire gemacht. Als Chefdirigentin des City of Birmingham Symphony Orchestra hat sie es von 2016 bis 2022 ausgiebig erforscht. Eine zarte junge Frau in dieser Position, in den Fußstapfen von Sir Simon Rattle und Andris Nelsons, erregte entsprechendes Aufsehen. Charismatisch und temperamentvoll, wie sie ist, wurde Mirga – so wird sie allerorten schlicht genannt – als „Stern von Birmingham“ gefeiert; sie ist dem CBSO bis heute als Erste Gastdirigentin verbunden. Inzwischen hat sie erfolgreich auch mit vielen anderen Spitzenorchestern gearbeitet; bei den Salzburger Festspielen 2024 leitet sie ihre erste Opernpremiere mit den Wiener Philharmonikern.

Die menschliche Stimme bleibt, unabhängig vom Repertoire, die Grundlage ihres Musizierens. „Vom Gesang geht doch alles aus“, sagt sie; „das Mitatmen-Können hilft bei jeder Musik.“ Von 2015 bis 2017 hat sie auch als Musikdirektorin des Salzburger Landestheaters nachhaltig gewirkt. Diese Periode war überdies für sie privat entscheidend, denn in Salzburg fand sie ihren Lebenspartner, und die Stadt wurde ihr Lebensmittelpunkt. Denn Mirga Gražinytė-Tyla ist nicht nur eine international erfolgreiche Dirigentin, sondern auch Mutter dreier Kinder. Mit dieser vermutlich einmaligen Konstellation hat sie kühn und selbstbewusst die ungeschriebenen Regeln des Klassik-Business gebrochen. Dass sie nicht bereit war, ihrer Karriere den absoluten Vorrang einzuräumen, dass sie ihre Verpflichtungen beherzt modifizierte, weil es ihre persönlichen Prioritäten erforderten, hat aufhorchen lassen. Geschadet hat es ihr nicht. Im Gegenteil.

Als Fokus-Künstlerin des Musikvereins dirigiert Mirga Gražinytė-Tyla erstmals ein Konzert der Wiener Philharmoniker und führt zwei Orchester in den Musikverein, mit denen sie in den vergangenen Jahren eine fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut hat: mit den Münchner Philharmonikern und einem Schumann-Bartók-Programm, in dem Geigerin Vilde Frang als Solistin des Schumann-Konzerts agiert, und für zwei Konzerte mit dem Orchestre Symphonique de Radio France. Französische Musik bildet hier eine stimmige Klammer: von Lili Boulangers „D’un matin de printemps“ hin zum Fauré-Requiem, in dem es für Mirga ein Wiedersehen und -hören mit Johannes Prinz und dem Wiener Singverein gibt.

Monika Mertl

Konzerte in der Saison 24/25

September 6, 2023

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04

Großer Saal

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    © istockphoto.com/MicroStockHub

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    © Julia Wesely

    Einfach dirigieren

    © Julia Wesely

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    © Wolf-Dieter Grabner

    Zeitgenössische Musik

    © Deutsche Grammophon - Andreas Hechenberger

    Mit Charisma und Temperament

    © Felix Broede

    Sogwirkung

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