Ein Traum geht in Erfüllung: Igor Levit über Prokofjews Klavierkonzerte
Von Anselm Cybinski
21.03.2025
Mit welchem Vorgefühl denken Sie an das Prokofjew-Projekt des kommenden Frühjahrs?
Ein Traum geht in Erfüllung! Ich wollte diese fünf Klavierkonzerte tatsächlich schon lange zyklisch aufführen. Sie jetzt mit Iván Fischer und seinem hoch dynamischen Budapest Festival Orchestra realisieren zu können, ist ein doppeltes Glück. Denn natürlich flößen einem diese Brocken erst einmal Respekt ein. Aber Iván ist so ein wunderbarer Kommunikator, ein Musiker, dessen Begeisterung alle einbezieht und packt und der sich auch wirklich Zeit zum Proben nimmt – das weckt große Vorfreude.
Auf welche Erfahrungen mit den Werken können Sie zurückgreifen?
Das erste Konzert habe ich häufig gespielt, das zweite noch häufiger. Das dritte, das populärste von allen, habe ich erst einmal aufgeführt, da war ich 18 und habe es komplett in den Sand gesetzt – aber es hat irrsinnigen Spaß gemacht. Nummer 4 und 5, die ich sehr liebe, sind tatsächlich neu für mich. Das Vierte, das Konzert für die linke Hand allein, wird fast überhaupt nicht gespielt. Aber es gewinnt für mich immer mehr an Bedeutung; ich arbeite es gerade sehr intensiv und stelle dabei fest: Es ist wirklich eines der großartigsten Werke von Prokofjew, die ich kenne.
Wie stellen Sie sich den Pianisten Prokofjew vor?
Es sind ja allerhand schöne Schilderungen über sein Spiel und seine Physis überliefert. Dieser Liftboy in den USA, der ihn am Arm fasst und ihn seiner stählernen Muskeln wegen für einen Boxer oder einen Athleten hält. Er muss diesen trockenen, perkussiven Anschlag gehabt haben und eine ungeheure Schnelligkeit. Es existieren ein paar faszinierende Videomitschnitte, im Internet leicht zu finden. Einer meiner liebsten ist der, in dem Prokofjew etwas aus „Romeo und Julia“ spielt. Seine Behandlung des Instruments ist extrem direkt, sehr kurze Wege der Finger zu den Tasten. Er hat diese Vorliebe für wilde, asymmetrische Sprünge. Aber was für eine Poesie in Ton und Phrasierung! Ob er wirklich ein großer Pianist war – da bin ich nicht sicher. Svjatoslav Richter sprach von ihm als einem mitunter auch brutalen Menschen, der einen Mann einfach auch mal am Kragen packen und an die Wand drücken konnte.
Prokofjews Temperament muss Ihrer quecksilbrigen Veranlagung doch sehr entsprechen …
Dieses sehr schnelle Wechseln der Perspektiven … ich arbeite daran, wieder etwas wendiger und schneller zu werden. Aber ja, im Grunde liegt mir das!
Ausschnitt aus einem Interview, das Anselm Cybinski für den Heidelberger Frühling mit Igor Levit führte.