Mit wachen Sinnen
Von Ulrike Lampert
22.01.2025
Wie so oft in den vergangenen Jahren stand als ein Höhepunkt zum Saisonfinale auch im Juni 2025 ein Klavierabend mit Maurizio Pollini im Musikvereinsprogramm. Doch bereits wenige Tage nach der Saisonpräsentation im vergangenen März ereilte die Musikwelt die traurige Nachricht vom Tod des großen italienischen Pianisten. Die Lücke, die der so charismatische wie dezente Meister hinterlässt, ist nicht zu schließen. Dennoch: Die treuen Abonnent:innen des Zyklus „Große Solist:innen“ sollten freilich auch 2024/25 die versprochene Anzahl an Konzerten hören.
So dürfen Wiens Musikfreundinnen und Musikfreunde nun mit Vorfreude auf den 13. Februar blicken: Da spielt Leif Ove Andsnes wieder einen Klavierabend im Großen Musikvereinssaal. Das Außergewöhnliche, das seinem Klavierspiel innewohnt, scheint eng verknüpft zu sein mit den Besonderheiten seiner Heimat Norwegen. „Das Zuhören und die Stille sind einem näher“, beschreibt er die Vorzüge, auf einer Insel – in seinem Fall der Insel Karmøy – aufgewachsen zu sein. Das Zuhören, das Wahrnehmen mit wachen Sinnen, die Stille und was aus ihr heraus entstehen kann, es darf wohl auch als wichtige Grundfeste seines künstlerischen Wirkens verstanden werden.
Mit solch feinem Gespür hatte Leif Ove Andsnes als Zwanzigjähriger auch erstmals den Großen Musikvereinssaal betreten, damals als Konzertbesucher: „Ich hörte ein Orchesterkonzert und hatte das Gefühl, dass der Klang meinen gesamten Körper auf eine Weise umgab, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte“, erinnert er sich. „Der Saal ist magisch in jeder Hinsicht.“ Dieser Eindruck änderte sich auch nicht, als er einige Jahre später wiederkehrte, nun als Solist. Seit seinem Debüt mit zwei Haydn-Klavierkonzerten 1997 ist Leif Ove Andsnes regelmäßig im Musikverein aufgetreten, mit bedeutenden internationalen Orchestern und immer wieder mit Klavierabenden. Er gab Einblicke in sein breites Repertoire und ließ das Wiener Publikum teilhaben an seiner eingehenden Beschäftigung mit Beethovens Klavierœuvre sowie – in einem eigenen Saison-Programmschwerpunkt – mit dem „Wiener Mozart 1785/86“.
Gelegentlich brachte er auch Werke aus seiner Heimat Norwegen mit in den Musikverein, und auch seinen nun bevorstehenden Klavierabend eröffnet Leif Ove Andsnes mit einem Werk eines Landsmanns: mit der Sonate op. 7 von Edvard Grieg, dem ersten großen Klavierwerk des Komponisten, in dem zahlreiche charakteristische Elemente skandinavischer Tänze und Volksweisen zu entdecken sind. Darauf lässt Andsnes Stücke aus dem Zyklus „Auf verwachsenem Pfade“ folgen, einem autobiographischen Bekenntniswerk von Leoš Janáček, entstanden in liebevoller Erinnerung an seine zwanzigjährig gestorbene Tochter Olga. Maurizio Pollini wollte sein Programm mit Chopin enden lassen. Leif Ove Andsnes beschließt das seine mit den 24 Préludes dieses Komponisten.
Donnerstag, 13. Februar 2025
Leif Ove Andsnes | Klavier
Edvard Grieg:
Sonate e-Moll, op. 7
Leoš Janáček:
Auf verwachsenem Pfade (Auszüge)
Frédéric Chopin:
24 Préludes, op. 28