Welche Erinnerungen verknüpfen Sie damit?
Es hat sich alles so natürlich angefühlt. Ich habe auch nicht das Gefühl gehabt, dass klassische Musik etwas ist, was die anderen nicht machen. Ich dachte, alle machen das so. Auf der Bühne zu stehen, das war, weil’s so früh war, ganz normal, nichts Besonderes.
Wie präsent war für Sie Mozart dann während Ihrer Studienzeit in Salzburg am Mozarteum?
Ich war natürlich überhaupt nicht festgelegt. Ich habe sowohl „O mio babbino caro“ gesungen zur Aufnahmsprüfung und Rusalka – da macht man ja ganz wagemutige Dinge, die man dann zwanzig Jahre nicht mehr singt. Ich habe querbeet alles gemacht, auch sehr viel Alte Musik durch die Blockflöte, Monteverdi, und am Mozarteum einfach wahnsinnig viel Mozart. Das lag auch am Lehrer. Ich habe großes Glück gehabt, bei Rainer Hopfner zu landen. Er war selbst ein sehr großer Mozart-Sänger, und er kam eben auch vom Lied und Oratorium. Da habe ich sehr früh angefangen, mich sehr breit aufzustellen. So habe ich auch das Lied kennengelernt, und natürlich waren Lieder wie „Das Veilchen“ und „Der Zauberer“ ganz wichtig.
Mozart kann man sehr früh singen, und man findet Partien wie die Bastienne, die altersgerecht sind und genau zu dem passen, wo die Stimme gerade ist. Und so ergeben sich Linien: von der Barbarina zur Susanna zur Contessa zum Beispiel. Das gibt’s, glaube ich, bei ganz wenigen Komponisten, dass man so einen Lebensbegleiter findet. Mit Mozart habe ich ihn gefunden.
2006 haben Sie dann bei den Salzburger Festspielen debütiert.
Wir durften mit dem Mozarteum eine Oper stellen, das war „Die Schuldigkeit des ersten Gebots“, ein Doppelabend mit „Apollo und Hyacinthus“. Ich hatte eine Doppelrolle, was echt Harakiri war: fünf Arien an einem Abend. Das macht man nur, wenn man ganz jung ist. Und es war mein – Durchbruch möchte ich nicht sagen, aber ein toller Anfang. Dieses Jahr 2006 war insgesamt ein Schicksalsjahr für mich: Es war mein Debüt bei den Salzburger Festspielen mit Mozart, es war das Mozartjahr, das ich in Salzburg ganz bewusst wahrgenommen habe, angefangen von Mozarts Geburtstag, diesem eiskalten Tag im Jänner, es waren bestimmt minus zwanzig Grad. Gemeinsam mit meiner Schwester, mit der ich damals in Salzburg zusammengewohnt habe, bin ich zum Dom gelaufen, mit einem Glühwein angeglüht. Es wurden Bilder an den Dom projiziert, und die Glocken haben geläutet. Das war ein Moment, den ich nicht vergessen werde. – Und dann habe ich 2006 auch meinen Abschluss gemacht.
Was mögen Sie an Mozarts Musik besonders?
Die Ehrlichkeit. Das kann ich ganz klar sagen. Man kann sich bei Mozart nicht verstecken. Mit einer Stimme, die nicht mehr intakt ist, kann man keinen Mozart singen. Das ist auf der einen Seite die Krux und auf der anderen Seite das Tolle für jeden Sänger: Mozart ist immer Maßstab.
Im Musikverein gastieren Sie in zwei Mozart-Programmen. An einem Abend mit der Konzertarie KV 505, die Mozart für die hoch verehrte Sopranistin Nancy Storace bzw., wie er explizit schrieb, „für Mad:selle storace und mich“ komponiert hat. Sie singen also gewissermaßen nicht nur von Mozart, sondern auch mit Mozart. Wie fühlt sich das an?
Bei Mozart fühlt sich alles so an, als wäre es in die Kehle geschrieben. Er hat wirklich für eine besondere Stimme geschrieben. Da findet natürlich schon eine Identifikation mit dieser anderen Person statt, vor allem wenn ich weiß, dass sie auch Mozarts erste Susanna war. Das ist auch eine Partie, die mich eigentlich schon meine ganze Laufbahn begleitet.
Der andere Abend ist ein Kammermusikprogramm mit Liedern. Man sagt, Mozarts Lieder seien opernhaft, szenisch angelegt. Würden Sie das unterschreiben?
Mozarts Lieder sind einfach sehr lebendig. Ich denke, wenn er länger gelebt hätte, hätte er später noch viel mehr Lieder geschrieben. Weil für viele ist das Lied später noch die Meisterklasse geworden. Und man sieht ja auch in seinen Kompositionen, wie er sich entwickelt hat. Sein Liedschaffen steht natürlich im Schatten seiner Opern, weil die Opern einfach riesige Meisterwerke sind. Das Lied geht sowieso neben der Oper oft unter. Das ist ein Ungleichgewicht, das ich nicht verstehen kann, aber man muss das mit zweierlei Maß messen. Ein Veilchen kann genauso schön sein wie eine große Gladiole. Man muss es einfach anders betrachten. Nur weil die eine Blume größer ist, ist sie nicht schöner, und nur weil die andere kleiner ist, ist sie nicht weniger wertvoll oder weniger schön. Aber man wird die beiden nicht gemeinsam in eine Vase stecken.
Worin liegt für Sie das Besondere in Mozarts Liedern?
Auch hier ist es die Ehrlichkeit – und der Witz. Man findet in Mozarts Liedern ganz viel über ihn heraus. „Die Alte“ zum Beispiel: Dieses Lied ist einfach lustig. Oder auch „Das Veilchen“ hat ein Augenzwinkern am Schluss. Und „Der Zauberer“ – in was für Tiefen er da eindringt. Da erfährt man auch ganz viel über Mozarts Charakter. Das mag ich einfach – diese Vielschichtigkeit.
Das Gespräch führte Ulrike Lampert.
Mag. Ulrike Lampert ist Redakteurin der Zeitschrift „Musikfreunde“ und der Programmhefte der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.