Mephisto im Goldenen Saal
Matsuevs Repertoire ist groß: 46 Konzerte mit Orchester und 23 Soloprogramme sind es derzeit. Für seinen kommenden Wiener Soloauftritt bereitet er eines seiner Lieblingsprogramme vor. „Tschaikowskijs Zyklus ‚Jahreszeiten‘ ist für mich einer der schönsten, einmaligsten. Leider wird er selten als Ganzes gespielt, nur der eine oder andere Teil ist gelegentlich zu hören. Ungeachtet seiner äußerlichen Schlichtheit umfasst er unterschiedliche Charakterstücke, die das Essenzielle der Musik Tschaikowskijs deutlich machen. Als Kontrast dazu Liszts ‚Mephisto-Walzer‘, den ich schon vor Jahren beim Tschaikowskij-Wettbewerb spielte. Und schließlich Strawinskys ‚Petruschka‘ in der Eigenversion des Komponisten für Klavier, denn ich liebe es, einen Orchestereffekt zu vermitteln und auch den Ballettcharakter darzustellen.“ All dies im Goldenen Musikvereinssaal, den Matsuev so sehr liebt. „Es ist die Aura. Bei jedem Auftritt spürst du die Besonderheit, das Außergewöhnliche des Raumklangs, was dich berührt. Das Publikum ist auch einmalig.“ Und natürlich wird es Zugaben geben, ohne Frage. „Ich habe mehr als 100 solcher Stücke parat. Ich bereite sie nie speziell vor. Was ich spiele, entscheidet sich in dem Moment, in dem ich am Klavier Platz nehme. Wenn das Publikum darauf wartet, spiele ich gern viele Zugaben. Mein Rekord bisher waren ganze vierzehn!“
Jazz als Lebenskunst
Eine Porträtskizze des Pianisten Denis Matsuev wäre nicht vollständig, ohne seine zweite Leidenschaft zu erwähnen: Jazz, den er schon in jungen Jahren von seinem Vater, einem Pianisten und Komponisten, mitbekommen hat. Aufnahmen der großen Jazzmusiker gehörten zu seinen prägenden Einflüssen. „Das hat mir geholfen, mir den besonderen Swing anzueignen. Jazz kann man nicht nach Noten spielen, dann ist er nicht mehr Jazz! Das Improvisieren hilft mir aber auch bei der klassischen Musik. Und schließlich ist Improvisation auch im Leben wichtig. Jazz ist nicht nur ein musikalischer Stil, sondern Zustand der Seele. Ohne Jazz kann ich nicht sein, er hilft mir, gibt mir Kraft, auf dem Podium und im Leben.“
Edith Jachimowicz
Dr. Edith Jachimowicz, die jahrelang auch in Moskau tätig war, lebt als Musikpublizistin und -dramaturgin in Wien und Salzburg.