Vollkommenheit statt Perfektion
Perfektion übrigens hält Meister für keine Kategorie, die es in der Kunst anzustreben gelte: „Im Gegensatz zu Vollkommenheit, die es jeden Tag und jede Minute neu anzustreben gilt“, wie er betont. Ihn treibe „diese ständige Sucht danach, einfach immer unglaublich erfüllende Musik um mich herum zu haben. Und daraus ergibt sich dann alles andere. Wenn in einer Gruppe von Musikern, egal ob Orchester oder Kammermusik, was ich auch sehr gerne und viel mache, nicht jeder Einzelne vollkommen für die Sache brennt, nicht das letzte Hemd dafür gibt, dann wird das Ergebnis eben weniger erfüllt sein. Deswegen freue ich mich, wenn ich umgeben bin von Musikerinnen und Musikern, die sich in diesem Augenblick nichts Schöneres vorstellen können, als Musik zu machen.“ Und zur Not stellt sich der passionierte Radfahrer nach einem Sturz auch mit gebrochenen Rippen vor sein Orchester.
Alles in vielen Facetten
Auch instrumental sucht Meister „nach maximal vielen Möglichkeiten, Musik zu machen“. Vom Klavier aus mit einschlägigen Instrumentalkonzerten, bei Kammermusik, zuletzt mit Schuberts „Forellenquintett“. Oder als Klavierbegleiter mit dessen Liederzyklen. Und weil er neben Cembalo, Orgel und Horn auch Cello gelernt hat, war er beim letzten Stuttgarter Neujahrskonzert auch plötzlich in der Cellogruppe des Staatsorchesters zu finden. Die Musik also ist ihm alles. „Allerdings insofern“, ergänzt der Vater dreier heranwachsender Kinder, „als mir meine Familie auch alles ist. Oder die Natur und die Kunst allgemein. Auch die Kunstgeschichte, die in gewisser Weise für mich auch zu einer Vollkommenheit dazugehört. Im Rahmen dieser Dinge, die ich so vollmundig mit alles bezeichne, ist die Musik ebenfalls alles für mich.“ Und so leuchtet bei Cornelius Meister auch im Gespräch jene Hingabe und unbedingte Liebe zur Musik, mit der er diese am Pult mit seinen Musikern zum Leuchten bringt.
Georg Linsenmann
Georg Linsenmann ist Journalist – mit Schwerpunkt Kultur – in Stuttgart.