Elefant in Grün
Eyck, damals gerade einmal 15 Jahre alt, begann, eine neue Grifftechnik zu entwickeln. „Vier oder fünf bestimmte Hand- und Fingerpositionen zum Tönegreifen gab es zwar vorher auch“, erklärt sie, „aber sie waren nicht so präzise definiert. Zudem hat man das Instrument nicht auf die Positionen gestimmt. Die Töne konnten irgendwo liegen.“ Und erst, wenn man sie hörte, konnte man sich sicher sein, dass man die richtigen getroffen hatte. Eyck erfand eine Grifftechnik, bei der die rechte Hand in der Luft als genaues Maßband fungiert. Kein Wunder, dass sich Eycks neue Spieltechnik in der Theremin-Szene schnell verbreitet hat. „Ich hab damals darüber auch ein Buch geschrieben – nebenbei in der Schule, heimlich während des Geschichtsunterrichts“, lacht sie, „und im Verlag meiner Eltern wurde es dann gedruckt.“ Carolina Eyck, die Farben sieht, wenn sie Töne hört, liebt das Theremin, weil es unter den elektronischen Instrumenten das ausdrucksvollste und lebendigste sei. Selbstverständlich kann man alle Stilrichtungen darauf spielen: ob Jazz-Standards, Klassik-Adaptionen, Filmmusik, Schnulzen oder Neue Musik. Eyck ist da offen: „Die Musik muss mich berühren, oder sie muss einen Groove haben.“ Natürlich schreiben Komponisten für die Virtuosin, wie etwa Régis Campo. Auch in seinem Stück „Dancefloor with Pulsing“ für Theremin und Orchester kann Eyck immer wieder zeigen, welche klangliche Vielfalt ihr Instrument jenseits des melancholischen Gesangs besitzt. Klar: Eyck spielt auch gerne einmal Saint-Saëns’ „Schwan“. Aber ihr Markenzeichen sind doch ihre eigenen Solo-Kompositionen für das Theremin, die immer aus der Improvisation heraus entstehen. Darin bringt sie ihr Instrument mit ihrem eigenen Gesang zusammen. In so schönen Stücken wie „Elefant in Grün“, in dem ihr Theremin dank Effektgeräten und Loops auch einmal mehrstimmig erklingt. Einen Text braucht sie nicht. Sie singt in ihrer eigenen Fantasiesprache, Silben, die im Jetzt entstehen. „Ich empfinde meine Stimme als Instrument. Meine Musikerkollegen sagen immer: ‚Du klingst, wie du Theremin spielst‘“, erklärt sie lachend.
Verena Großkreutz
Verena Großkreutz studierte Musikwissenschaft und Germanistik und lebt als freie Kulturjournalistin in Stuttgart.