Vivaldi lebt
Vivaldis Oper „Agrippo“ führt 1730 nach Wien und Prag. Zanaida, die Tochter des Moguls Tisifaro hadert zu Beginn der Oper mit allen verfügbaren vokalen Kräften, denn „sollte der Blitz zu langsam sein“ und ihre „Kränkung nicht rächen, wird der Schändliche ein Opfer“ ihres „gerechten Zorns – „Se lento ancora il fulmine“. Sieben Jahre zuvor brachte Vivaldi in Rom „Ercole su’l termodonte“ heraus, indem er dirigierte und gleichzeitig die Solovioline spielte. Darin verwendet er eine dreiteilige Arie, in der zwei Solo-Violinen das Echo zur Stimme spielen, Natur- laute und menschliche Gefühle verstärken: „Liebe, murmelt der Fluss/ Liebe, flüstert der Wind/ Liebe, pfeift die kleine Schwalbe/ Liebe, singt das Hirtenmädchen …“ „Der Winter“ aus den „Jahreszeiten“ fährt wiederum zu Beginn der Arie „Gelido in ogni vena“ in die Glieder Farnaces, der vermeintlich am Grabe seines Sohnes steht. Das Blut des Protagonisten aus der gleichnamigen Opera seria, uraufgeführt 1727 in Venedig, erstarrt zu Eiseskälte. Und schließlich Julius Cäsars wallende Gefühlswelten aus „Catone in Utica“, uraufgeführt 1728 in Rom, samt „heißen Seufzern des Getreuen“ in der berührenden Szene „Se mai senti spirati sul volto“. Bartoli singt, und Vivaldi lebt!
Ursula Magnes
Mag. Ursula Magnes leitet die Musikredaktion von Radio Klassik Stephansdom.