Ein namhafter Tonsetzer in München, treu- deutsch und bitterböse“. Das Wort von Thomas Mann hängt ihm noch an, dem vor 150 Jahren geborenen Komponisten Hans Pfitzner. Und das zu Recht. Bei aller Kritik aber – vergessen sollte man ihn nicht, da- für war Hans Pfitzner schlicht zu bedeutend. Thomas Leibnitz skizziert den Komponisten und polemischen Ästhetiker.
Ästhetisches im Schatten der Politik Prompt meldet sich einer der (allerdings nicht namentlich) Angegriffenen zu Wort: Alban Berg. Mit richtiger Intuition merkt er, dass es Pfitzner nicht bloß um das Buch Paul Bekkers geht, sondern um sehr grundsätzliche Fragen, die auch ihn selbst betreffen. So gibt er seiner polemischen Gegenschrift (1920 in den „Musikblättern des Anbruch“) einen süffisant-provokanten Titel: „Die musikalische Impotenz der neuen Ästhetik Hans Pfitzners“. Mit einer minuziösen Analyse der „Träumerei“ versucht er, den Nachweis zu erbringen, dass Pfitzner falsch liege; sehr wohl könne man an belegbaren Details beweisen, dass Schumann auch in dieser Klavierminiatur planvoll und rational vorgegangen sei. Diese „Berg-Pfitzner-Kontroverse“ hat sich dem kollektiven Gedächtnis erstaunlich gut eingeprägt und taucht bis heute gelegentlich in Feuilletons auf. Immerhin geht es hier um eine bedeutungsvolle Frage, die im Musikleben der Gegenwart wenig gestellt wird – vielleicht zu wenig. Freilich macht es Pfitzner denjenigen, die seiner Position durchaus Gewicht zumessen wollen, nicht eben leicht, denn er verbindet seine ästhetischen Ansichten mit einer politischen Haltung, die mit dem Terminus „rechts- konservativ“ eher milde umschrieben ist. All dies hat mit der Prägung durch ein Zeitalter und mit persönlichen Erfahrungen zu tun.