Schnittpunkt der Seelen
Die Wahrheit des Moments, die Wahrheit im Moment. Fragt man, weshalb Michael Schade Sänger geworden sei, wird man genau darauf geführt. „Ich hab ja zunächst Naturwissenschaften studiert“, erzählt er, „und in den Naturwissenschaften gilt: Sie laufen auf die eine richtige Antwort hinaus. Ob es nun Einsteins ,e = m2‘ ist oder eine andere, von einem Genie entdeckte Formel – sie setzt als die richtige Antwort den Standard, der gilt. Wenn ich aber hier auf die Bühne gehe und singe, dann ist es meine Antwort, die gefragt wird. Darin liegt etwas enorm Befreiendes!“ Diese Antwort bildet sich im Augenblick, die Wahrheit liegt im Moment. Sie ist kein Abstraktum, sondern ein Schnittpunkt der Seelen. „Was sich ereignet, wenn ich hier oben stehe und dem Publikum begegne, ist ein Austausch zwischen den Seelen, für die ich singe, und meiner eigenen. Und was ,richtig‘ ist, kann nur von den Seelen der Hörenden beurteilt werden. Also kann es die schlechthin ,richtige‘ Antwort in unserer Kunst wohl gar nicht geben.“ Diese Begegnung der Seelen, sagt Michael Schade, sei „eine Kommunikation, die an eine Art Kommunion erinnert – etwas von größter Wichtigkeit.“ Dazu fügt sich auch einer seiner Leitsätze, den er gern seinen Studierenden bei Meisterklassen in aller Welt mitgibt. „Man wird nicht Sänger. Man wird gefragt, Sänger zu sein.“