Völlig originell
Die „Singulière“ ist für Blomstedt „die bedeutendste Symphonie von Berwald, genial“. Auch die „Sérieuse“ sei hervorragend, aber die „,Singulière‘ ist seine originellste“. Wegen des ins Adagio eingebetteten Scherzos, das mit einen Paukenschlag einsetzt? Nicht nur. „Das Scherzo ist ein Einsprengsel, sehr überzeugend! Wenn das Adagio wenige Takte lang wieder kommt, ist das sehr bewegend. Berwalds gesamte Tonsprache ist völlig originell mit ihren überraschenden Modulationen und einem spezifischen Klang, obwohl er dasselbe Orchester wie Beethovens Fünfte verwendet, also mit Posaunen, aber so individuell wie er klingen selbst Schumann oder Mendelssohn nicht. Das Scherzo, der dritte Satz, hat etwas von Mendelssohn, aber nicht die anderen Sätze.“ Der Blechbläserklang, so Blomstedt weiter, sei „anders als in der deutsch-österreichischen Tradition, kantig; der Musikpublizist Volker Tarnow hat treffend formuliert: wie Eisen und Granit. Dann diese sehr stark ausgeprägte Willenskomponente. Wie bei Beethoven geht die Musik unerbittlich einem Ziel entgegen.“ Ist Berwalds Musik einem Beethoven, Schubert, Mendelssohn ebenbürtig? „Er ist kein Schubert, aber er hat wirkliche Originalität und führt die Symphonie in eine neue Richtung. Erst bei Sibelius und Nielsen finden Sie diese Blechschärfe oder diese sehr poetische Ader des zweiten Satzes.“ Berwald liebte „Sequenzen, also Motive, die drei, vier Mal obsessiv, aber nicht planlos wiederholt werden. Man muss achtgeben und sie dynamisch abgestuft spielen; dann ist das reizvoll. Am Ende der Exposition muss man diese Sequenzen [singt] diminuendo spielen, zu den Streichern spielen die Fagotte eine Gegenbewegung in Triolen gegen Achtel [singt], auch etwas Neuartiges! Bruckner und Mahler verwenden das später oft bis ins Absurde gesteigert.“