Modell Zehnkämpfer
Diese Lebensphilosophie schließt Leistungsbereitschaft überhaupt nicht aus. Nur liegt der Fokus nicht auf dem Einen, sondern auf dem möglichst Vielen. „Mich haben immer die Mehrkämpfer fasziniert“, erzählt Stefan Gottfried und nennt ein Sportidol seiner Jugend: Georg Werthner, „Modellzehnkämpfer“, österreichischer Rekordmeister, bei vier Olympischen Spielen dabei, Vierter in Moskau 1980 – und nebstbei noch Dr. iuris.
Auch Stefan Gottfried übte sich von jung an in vielen Disziplinen. Dem Beispiel seines Vaters folgend, der als Hornist bei den Wiener Symphonikern substituierte, dann aber Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik wurde, studierte auch Stefan Gottfried – nebenbei – Horn, um sich im Hauptstudium erst einmal der Musikpädagogik und der Mathematik zuzuwenden. Was er anfing, schloss er ab – die Musik aber fächerte er noch weiter auf. An der Musikuniversität Wien belegte er unter anderem die Fächer Klavier, Cembalo und Komposition, an der berühmten Schola Cantorum Basiliensis perfektionierte er sich in Alter Musik, ohne deshalb zum reinen Spezialisten zu werden. Dass er mit den Wiener Philharmonikern etwa Luciano Berio spielte und bei Ravels „Boléro“, dirigiert von Georges Prêtre, an der Celesta saß, sind nur einige der Orchestererfahrungen, die er rund ums vielfach praktizierte Continuospiel sammelte. 2004 stieß er zum Concentus, um an der Seite des legendären Herbert Tachezi einen Continuopart in Händels „Messiah“ zu übernehmen. Er fühlte sich sofort in die Concentus-Familie aufgenommen, es war, erinnert er sich, „ein völliges Ernstnehmen“, ohne viel Prä- und Begleittext.