Chor der Engel
und Jüngstes Gericht
„Die Posaune war das erste chromatisch spielbare Instrument“, erklärt (während im Hintergrund die Espressomaschine ein ohrenbetäubendes Geräusch von sich gibt) Christian, „deshalb wurde es zur Unterstützung der Vokalstimmen colla parte eingesetzt, die ganze Renaissanceliteratur hindurch.“
Was macht den Klang der Posaune so überaus anziehend? Hat es nicht auch damit zu tun, dass der Klang uns seit Kindertagen vertraut ist? Es könnte jedenfalls für all jene gelten, die auf dem Land aufgewachsen sind …
„Als Kind habe ich mich einfach in diesen Klang verliebt“, sagt Christian, „und deshalb habe ich dieses Instrument gewählt. Ich könnte mir kein anderes vorstellen.“
Es ist schon so: In der Blasmusikkapelle begleitet die Posaune uns praktisch von der Wiege bis zur Bahre. Ihr Klang erinnert uns an Taufen, Firmungen, Hochzeiten, Festgottesdienste, Weihnachten, Militärparaden, runde Geburtstage und Begräbnisse. Die Posaune steht für den Chor der Engel ebenso wie für das Jüngste Gericht. Einfach alles ist in ihrem Klang gespeichert und wird wachgerufen, wenn wir ihn hören, unsere gesamte Gefühlspalette von fröhlich, gerührt, glücklich, feierlich, nachdenklich oder todtraurig. Der Posaunenklang hat aber nicht nur etwas Klassisches und etwas Ländliches, sondern durchaus auch etwas Lässiges an sich, denn das Instrument spielt ja eine wichtige Rolle im Jazz. Nicht zuletzt ist die Posaune auch in der zeitgenössischen Musik beliebt. Im Klang der Posaune spürt man bei jedem Ton die ungeheuere potenzielle Energie, die sich in einer romantischen Symphonie lautstark und strahlend entlädt, in einer barocken Fuge im präzisen farbigen Tupfen zügelt, im Jazz swingend entspannt, sich jederzeit stufenlos dynamisch steigern und von einem Ton zum anderen gleiten kann.
„Stilistisch haben wir“, sagt Stefan, „überhaupt keine Beschränkungen oder Berührungsängste. Einige moderne Komponisten haben zum Beispiel speziell für uns Stücke geschrieben.“