„Voilà, ich bin Franzose!“
Im Programm, das er mit den Wiener Symphonikern im Musikverein präsentiert, gibt Denève mit Saint-Saëns’ Zweitem Klavierkonzert ein Beispiel für seine spezielle Verankerung im französischen Repertoire: „Berlioz, César Franck, Debussy, Ravel, Poulenc oder Albert Roussell. Das ist meine ,héritage‘, mein Erbe. Ich liebe die Differenz! Den Esprit, die Clairté, den Geschmack und die Sinnlichkeit der Farben. Voilà, ich bin Franzose! Ich könnte auch sagen: Ich liebe die Menschen, das Leben, die Musik in allen Schattierungen.“
Und er mag es auch, dabei den französischen Tonschöpfern russische zur Seite zu stellen: „Ich liebe russische Musik. Sie spiegelt in Eleganz und Leidenschaftlichkeit, Farbe und Gefühl eine interessante Verbindung zwischen Frankreich und Russland. Tchaikowskijs Symphonie Nr. 5 ist sehr raffinierte und delikate Musik mit unglaublichen Orchesterfarben. Da ist wirklich eine Verwandtschaft.“
Zugleich will er das Auditorium dazu verlocken, „Neugierde für Entdeckungen zu haben“: mit einem Werk des Zeitgenossen Guillaume Connesson. Und auch hier folgt ein Liebesbekenntnis. „Ich liebe Neue Musik“, sagt Denève, wobei ihm das Neue aber kein Wert an sich ist: „Ich liebe Neue Musik, die eine Grammatik hat. Eine Sprache, der unser Kopf folgen kann. Connessons ,Maslenitsa‘ ist kompliziert gemachte, zeitgenössische Musik. Ein bisschen verrückt, aber mit einer kultivierten, reichen musikalischen Sprache.“ So gibt er in Wien auch eine Kostprobe seiner Brüsseler Mission: „Mit Meisterwerken unserer Zeit das Publikum der Zukunft zu gewinnen. Ich will nicht sagen, sie müssen das lieben, weil es neu ist. Nein, nein! Ich liebe dieses Stück, und ich will im Konzert diese Liebe teilen. Es ist tolle Musik, die uns etwas sagen kann. So einfach ist das.“
Georg Linsenmann
Georg Linsenmann arbeitet als freier Journalist in Süddeutschland.