Er steht auch größer auf dem Plakat.
Zu Recht! Die Interpreten sind natürlich die Diener der großen Meister, und dazu braucht man das Wissen, das Fundament, um dann auf der Bühne frei zu sein. Wenn das Publikum die Fünfte hört, von Harnoncourt oder von Muti oder von Mehta – was ist der Unterschied? Gott sei Dank können wir nicht sagen, was richtig oder falsch ist. Niemand hat mit Beethoven gefrühstückt. Wir können nur sagen, es gefällt mir. Wir versuchen immer, etwas hineinzuinterpretieren. Was hat sich der Komponist dabei gedacht? Gott sei dank wissen wir’s nicht! Und wir wissen bis heute nicht, wer die unsterbliche Geliebte war. Das sind die Geheimnisse, die bleiben sollen.
Stimmt es, dass Sie nie Einzelunterricht hatten?
Das stimmt, schon von Anfang an. Ich war mit fünf Jahren Student an der Musikhochschule, die ersten sechs Jahre bei Marianne Lauda, da waren wir Kinder immer alle zusammen da. Wir haben zugehört. Wir haben ja profitiert. Man musste sich in seiner Klasse nicht nur für den Lehrer, sondern vor allem für die Mitschüler anstrengen, die waren das heikelste Publikum. Und der Lehrer gewinnt Zeit, weil er nicht über denselben Fehler zweimal reden muss. Ich selber habe auch nie Einzelunterricht gegeben. Dieser Bürokratismus: Jeder spielt eine Stunde – das ist der allergrößte Blödsinn! Ich muss doch einen Unterschied machen, ob es um eine Haydn-Sonate geht oder um ein Brahms-Konzert.
Sie haben von Kindheit an Kammermusik gemacht – bedeutet das, dass Sie ursprünglich gar nicht so sehr auf eine solistische Karriere hingetrimmt wurden?
Das hat mit solistischer Karriere nichts zu tun. Die Kammermusik ist die wichtigste Basis, da lernt man zuhören. Ein Geiger muss sich Gedanken machen über Auf- oder Abstrich, ein Bläser lernt zu atmen. Ich sag immer, wenn wir Pianisten einmal zufällig, rein zufällig, richtig phrasieren, dann steig ma aufs Pedal, und wieder is alles hin!