Unwahrscheinlich schön
Cecilia Bartoli und Farinelli
Unwahrscheinlich schön soll er gesungen haben, der italienische Kastrat Farinelli, der in unterschiedlichsten Rollen die Herzen eroberte. Nun wandelt Cecilia Bartoli auf seinen Spuren.
Es kann eigentlich gar nicht sein. Dieses Geschenk, von dem da gesungen wird, ist etwas ganz und gar Unglaubliches: „il gran dono di vita immortale“, das große Geschenk der Unsterblichkeit. Einem einfachen Hirten wird es zuteil, und der bedankt sich nun bei dem, der es ihm gewährt, bei Jupiter, dem Gott. „Alto Giove“, so singt er ihn an, und in diesem Dankgesang glückt ihm selbst das Wundervolle. Der Hymnus gerät unwahrscheinlich schön. Ja, genau so: Die Schönheit seines Singens ist getragen vom Unwahrscheinlichen. Schon diese erste Phrase – wie sie sich herauslöst aus den scheuen Streicherfiguren, dem Puls des Anfangs, der erst einmal ruht, um in vollkommener Stille der Stimme Raum zu geben. Nur ein Ton klingt auf, unwahrscheinlich lang ausgehalten, dann sanft weitergeführt in Ornamente, die ihn beflügeln, bis er sich, nun überm aufgenommenen Puls der Streicher, aufschwingt zur Höhe. Es ist, als wäre die Unsterblichkeit schon eingegangen in den Gesang. Endlos scheint der Atem. Grenzenlos verströmt sich der Klang. Können Sterbliche so singen? Farinelli konnte es.
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