Konkurrenz belebt die Musik
Von Duetten und Duellen
Nur eine bisschen muss man an den Buchstaben drehen – und schon wird aus dem „Duett“ das „Duell“. Die Varianten der Zweisamkeit liegen auch sonst nicht so weit voneinander entfernt, wie jetzt Cecilia Bartoli und Sol Gabetta zeigen. In ihrem Programm „Dolce Duello“ fliegen die Fetzen auf süßeste Weise.
Die Einigkeit ist auch da, die Harmonia, die Harmoniaaaa …“ Ja, sie wird oft bemüht und gern besungen: die Harmonie, die sich nirgends so hold aufs Menschenherz legt wie in der Musik. Chorsänger haben’s in der Kehle, die Musikliebenden in der Seele: Frau Musica, so heißt es, verscheucht den Zwist und stellt die Eintracht her. Es stimmt. Und stimmt auch nicht. Mehr als 120.000 Klicks fand jüngst ein Youtube-Clip aus der Wiener Staatsoper. Ein sehr berühmter Tenor ist hier zu sehen, der soeben eine sehr berühmte Arie vor einem sehr begeisterten Publikum wiederholt hat und nun auf seine irgendwie auch sehr berühmte Kollegin wartet, um wieder partiturgemäß in den Zwiegesang einzustimmen. Allein, er bleibt allein – die Dame erscheint nicht, und unter dem launigen Satz des Tenors „Non abbiamo soprano“ muss erst einmal abgebrochen werden. Was war da los? Ein Missgeschick des Inspizienten? Oder eine Missfallenskundgebung der Sopranistin – eine Art Kriegserklärung an den tenoralen Helden, der sich den Beifall gleich doppelt abgeholt hat? Wiens Publikum neigte zur zweiten Lesart. Gut verständlich: Denn ist nicht dies erst die Würze der Wonne? Dass unterm Wohlklang der Zwist sich rührt – und in der himmlischen Lust der menschlich.
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