Das A und O
Die Voraussetzungen dafür hat sie bei ihrer ersten Lehrerin in Georgien geschaffen. Natürlich hat sie alle Czerny-Etüden gespielt – ihre Ausbildung war zugleich aber auch sehr auf Klang konzentriert. „Meine Lehrerin war dagegen, dass man früh schon viele Konzerte spielt. Sie meinte, es kommt die Zeit, da wirst du deinen Weg machen. Jetzt aber wird gearbeitet. Damals war ich traurig darüber, aber heute weiß ich, dass sie vollkommen recht hatte. Denn heute habe ich keine Schwierigkeiten, und wenn Probleme auftauchen, weiß ich damit umzugehen. Ich kenne alle möglichen Techniken, etwa schwierige Passagen zu bewältigen – noch dazu mit meinen kleinen Händen und schmalen Fingern. Deshalb bedeutet es für mich heute keinen großen Aufwand mehr, ein Stück in die Finger zu kriegen. Worum es geht, ist die Kopfarbeit, die Interpretation, für die sich in der heutigen Zeit so wenige Leute Zeit nehmen.“
„Die Interpretation“, das betont Ketevan Sepashvili mit Leidenschaft und Nachdruck, „ist das A und O für ein Werk. Es hat nichts damit zu tun, ob man dann einverstanden ist mit dieser Interpretation oder nicht. Es hat damit zu tun, dass es eine Interpretation gibt und nicht einfach nur drauflosgespielt wird. Schöne Oktaven rauf und runter – das können wir alle. Im 21. Jahrhundert kann man mit Technik niemandem mehr etwas vormachen. Es geht um Essenzielles, um etwas Wichtigeres.“