Kinderprogramme wurden sehr lange Zeit unter dem Stichwort der „Vermittlung“ gesehen und angeboten. Hat diesbezüglich schon eine Transformation stattgefunden, dass viel mehr versucht wird, spezifische Angebote auf Augenhöhe zu machen?
So erlebe ich das. Ich komme ja nicht von der Vermittlung, sondern bin Schauspielerin und habe dann angefangen zu schreiben und Regie zu führen. Deshalb hat mich an der Vermittlung immer mehr die Geschichte interessiert: Was erzähle ich, wie erzähle ich es, und wie vermittle ich es den Kindern? Gleichzeitig wollte ich auch nie vergessen, dass bei einem Kinderstück – egal für welches Alter – meistens fast die Hälfte der Zuschauer Erwachsene sind. Daher versuche ich immer, möglichst vielen Augen, Ohren und Altersstufen gerecht zu werden.
Funktioniert ein Kinderstück also nur dann, wenn es auch für Erwachsene interessant ist?
Ja, das würde ich so sehen. Ich gehe davon aus, was ich als Darstellerin – egal ob als Schauspielerin, Musikerin oder Tänzerin – auf der Bühne erzählen will. Was ist die Geschichte an sich, und was will ich persönlich darüber erzählen? Das habe ich auch bei der „Gestiefelten Katze“ versucht herauszufinden, weil mir diese Figur zunächst einmal überhaupt nicht sympathisch gewesen ist. Ich habe dieses Märchen zwar vorgeschlagen, aber mich dann selbst gefragt, was ich mit ihm machen soll. Dann habe ich versucht, für jede Figur eine innere Motivation zu finden. Warum ist der König so, wie er ist? Warum ist die Katze so wichtig für diesen jungen Mann, der seinen Weg ins Leben erst finden muss? Ich bin dann auf die Idee gekommen, dass die Katze sieben Leben hat. Und das ist jetzt ihr siebtes. Das möchte sie jetzt richtig machen. Vor allem möchte sie auch anderen weitergeben, dass es wichtig ist, jetzt die Dinge zu machen, die einem wichtig sind. Hans ist eine sehr authentische und direkte Figur, und er kann das, was die Katze ihm aufstülpen will, so nehmen, dass es für ihn richtig ist. Es ist also eine gute Konstellation mit den beiden.
Wenn Sie bei einem Projekt wie diesem vom Konzept bis zum Text, zum Schauspiel und zur Regie viele Fäden in der Hand haben, welche Vorteile und vielleicht auch Nachteile hat das für Sie?
Die erste Rolle ist die der Autorin. Ideen habe ich Gott sei Dank schnell, aber das Schwierige ist es dann manchmal, wenn man lange vor dem weißen Blatt sitzt und überlegt, wo man tatsächlich ansetzen kann. Das Schwierigste bei dem Projekt ist sicher, zu spielen und gleichzeitig Regie zu führen. Zuerst konzentriere ich mich auf meine Kollegen, dass sie sich in ihren Rollen wohlfühlen. Ich probe entweder für mich allein oder komme erst relativ spät in einen Fluss im Spielen. Ich weiß aber immer, dass ich den Blick von außen irgendwann vergessen darf – doch das kommt immer erst sehr spät. Es ist schon schön, wenn man als Schauspieler geführt wird und sich nicht so ganz alleine fühlt. Trotz der Herausforderung ist es aber immer sehr schön, wenn man von der Idee bis zur Realisierung den Fuß drinnen hat. Das muss aber nicht immer so sein – ich gebe gerne Verantwortung ab.
Hat es einen feministischen Grund, dass es sich um eine Katze und nicht um einen Kater handelt?
Nein. Es gibt interessanterweise eine italienische Urfassung, in der es schon eine Katze ist. Aber ich muss mich schon vom Menschen in eine Katze verwandeln. Dann auch noch das Geschlecht zu wechseln, das wäre mir ein Dreh zu viel.
Hatten Sie beim Schreiben der Geschichte Vorstellungen, wie die Musik klingen soll?
Wenn ich einen Text für eine Musik geschrieben habe, dann schon – dann war häufig ein Rhythmus oder eine Melodie im Kopf. Aber ich wusste, dass es ganz anders werden würde, weil Johannes Berauer als Jazz-Komponist eine Sprache hat, die überrascht. Das finde ich auch sehr gut.