Spot on! Ein Haus, das so sehr aufs strahlend Helle setzt wie Theophil Hansens Musikvereinsgebäude, solch ein Musenhain voll Tageslicht und Glitzerschein – der wird schon ganz besonders spannend, wenn’s dunkel wird. Spannend und, wer weiß, vielleicht ein bisschen spooky?
Die kleinen Musikforscherinnen und Musikforscher, die mit Effi alias Boris Eder durchs Haus streifen, müssen nicht extra forsch sein. Und allen Erwachsenen sei’s gesagt: Natürlich werden alle nur möglichen Sicherheitsstandards gewahrt … Aber ein bissl Abenteuerlust kann nicht schaden, wenn die Luster gedimmt sind und die Taschenlampen gezückt werden. Bewusst im düstren Winter ist die Premiere angesetzt: am 23. Dezember, gefolgt von weiteren Terminen am 7. und 8. Jänner.
Das Haus ist still an diesen Abenden. Keine Konzerte, keiner mehr da. Außer dem Portier. Und einer Putzfrau vielleicht. Doch auch mit der hat Effi nicht wirklich gerechnet, dieser merkwürdigen Frau Akisum. Was macht die jetzt eigentlich noch hier? Barbara Angermaier steckt in diesem Kittel – von Berufs wegen, so viel sei verraten, ist sie Sopranistin, eine junge, wunderbar singende, mit schon recht viel Bühnenerfahrung bei unkonventionellen Opernproduktionen, darunter einer Freiluft-Freibad-„Fledermaus“. Da sang sie die Adele, das Stubenmädel. Und jetzt taucht sie hier, im Musikverein, nicht mit dem Staubwedel auf, sondern mit dem Staubsauger. Komisch … Effi ist schon ziemlich irritiert, ja echauffiert, aber er hält sich weiter an den Plan. „Ich lasse mir meine Führung nicht verzetteln, nicht verdingsen!“ Ins Archiv soll’s raufgehen. Da ist, glaubt er, garantiert Ruhe. Er kramt den Universalschlüssel heraus, doch von innen geht die Tür auf. Es öffnet: der Direktor persönlich! Wieso er noch da ist? Ganz einfach: „Überstunden, lieber Effenberger, immer im Dienst des Hauses. Wie Sie …“
Dr. Johannes Prominczel ist der Archivdirektor. „Ich darf“, sagt Prominczel vergnügt, „mich selber spielen.“ In Susanne Wolfs „Stationendrama“ ist er fix dabei, Archiv, Bibliothek und Sammlungen sind die letzte Station auf der abendlich-abenteuerlichen Tour durchs Haus. Die kleinen Musikforscherinnen und Musikforscher dürfen also auch dort hineinschauen, wo sonst nur die großen Musikologen und Studierende zugelassen sind: in den Lesesaal der berühmtesten, wichtigsten privaten Musiksammlung der Welt. Was Johannes Prominczel von den hier aufbewahrten Schätzen erzählen oder gar zeigen wird, bleibt derweil noch ein Geheimnis. Auswahl hat er ja jede Menge, unbeschreiblich viel. Darf’s was von Beethoven sein? Von Mozart, Schubert, Schumann, Brahms? Von allen diesen Berühmtheiten gibt’s originale Handschriften und Noten in diesem weltberühmten Archiv. Sie sind hier gegenwärtig, die allerbedeutendsten Komponisten, sie prägen den Geist des Hauses …
Halt!! Hat da jemand was von einem Geist gesagt? Der geht doch wirklich um hier, oder? Hier spukt’s doch?? Was sind denn das auf einmal für Töne, für Klänge, auch da droben – jetzt wieder! – im Archiv …???
Joachim Reiber
Dr. Joachim Reiber ist Chefredakteur der Zeitschrift „Musikfreunde“ und Programmheftredakteur der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.