Dass der Musikverein ihm von Anbeginn eine verlässliche Plattform für seine Projekte bot, rechnet er dem ehemaligen Intendanten Thomas Angyan hoch an. Schließlich war hier der mächtige „Übervater“ Nikolaus Harnoncourt zu Hause, von dem sich Haselböck im künstlerischen Bereich sorgfältig abzugrenzen trachtete. „Ich habe die größte Verehrung und Bewunderung für Harnoncourt, aber ich hatte den Wunsch, meinen eigenen Weg zu schützen, ich wollte mein eigenes Profil finden.“ So hat er zum Beispiel nie mit dem Arnold Schoenberg Chor gearbeitet und sein Ensemble in respektvoller Distanz zum Concentus Musicus aufgebaut. „Mein Background waren die Orgel und der Unterricht von Anton Heiller, und meine Quellen waren andere. Ich habe Christopher Hogwood und Trevor Pinnock gut gekannt.“ Wenn demnächst eine Edition mit 160 Aufnahmen der Wiener Akademie aus der Zeit vor 2000 erscheint, sei das „fast eine Resound-Geschichte“, freut er sich über die gelungene Entwicklung, die sich im Rückblick zeigt.
Mit dem 2014 im Hinblick auf das Beethoven-Jahr gestarteten Resound-Projekt hat Haselböck ein Konzept erprobt, das den Horizont seiner Tätigkeit über die erfolgreiche Beethoven-Reihe hinaus schier ins Grenzenlose erweitert. Die zentrale Idee, Musik nicht nur auf den Instrumenten der jeweiligen Zeit, sondern auch in den entsprechenden Räumen aufzuführen, lässt sich nämlich vielfältig variieren. Sie ist etwa auch in jenem Programm enthalten, das Haselböck mit der Wiener Akademie in dieser Saison im Musikverein präsentiert, wobei auf Wunsch von Intendant Stephan Pauly zwei Konzerte im Rahmen der neuen, themenbezogenen Schwerpunkte stattfinden.
Den Auftakt bildet Mozarts Requiem, dem die Es-Dur-Symphonie KV 543 vorangestellt ist. Haselböck erkennt viele Bezüge zwischen den beiden Werken, von den B-Tonarten bis hin zum dunklen Klangbild, das durch das Fehlen von Oboen und Klarinetten entsteht, und wenn auf den abrupten Schluss der Symphonie die Totenmesse folgt, könnte das vielleicht „manche Frage beantworten, die vorher in der Symphonie aufgeworfen wurde“. Überdies will er den liturgischen Charakter des Requiems unterstreichen, indem er die Antiphone im gregorianischen Choral einfügt.
Auf Bachs „Weihnachtsoratorium“ mit den Kantaten I bis IV im Dezember folgt dann das März-Konzert im Kontext der „Musikverein Perspektiven: Michael Haneke“. Das ist getragen von der Idee des „pervertierten Protestantismus“, wie sie der Haneke-Film „Das weiße Band“ thematisiert. Der Resound-Gedanke wird hier exemplarisch vorgeführt: Mahlers „Kindertotenlieder“, Mendelssohns „Reformations-Symphonie“ und Schönbergs „Ein Überlebender aus Warschau“ erklingen in barocker Umrahmung: mit Bachs Fantasie und Fuge c-Moll und der Kantate „Ich habe genug“. Das vierte Konzert ist dramaturgisch genau auf das „Musikverein Festival: A!“ zugeschnitten, die Werkauswahl soll den Stimmton a in seiner sich durch die Jahrhunderte verändernden Höhe ins Bewusstsein rücken: von Giovanni Gabrieli (415 Hertz) über Mozart (430 Hertz) bis Anton Bruckner (440 Hertz).
„Die jungen Musiker von heute besitzen ja so viel mehr an Wissen und Können, sie beherrschen selbstverständlich das Instrumentarium von Barock, Klassik und Romantik“, verweist Haselböck auf die gewachsenen Kompetenzen in der heutigen Originalklangszene. Seine Wiener Akademie darf sich jedenfalls mit Fug als einziges österreichisches Originalklangorchester bezeichnen, dessen Repertoire bis ins 20. Jahrhundert reicht. Für Haselböck, der auch als Komponist ausgebildet und ausgewiesen ist, war die zeitgenössische Musik stets ein Anliegen. Allerdings habe er 2000 beschlossen, „das Komponieren sein zu lassen; ich wollte nicht auf zu vielen Hochzeiten tanzen“. Einige seiner Werke sind in Zusammenarbeit mit Ernst Jandl und Friederike Mayröcker entstanden; mit einem Requiem für Jandl war Haselböcks Œuvre abgeschlossen.