Im Alter von 91 Jahren zieht sich René Clemencic aus dem Konzertleben zurück. 1966 hat er seinen Zyklus im Musikverein begonnen. Nach mehr als fünfzig Jahren, in denen er mit dem Clemencic Consort mehr als 180 verschiedene Programme präsentiert hat, tritt er nun zum letzten Mal vors Publikum.
Sentimentalität ist nicht angesagt. „Einmal muss es ja sein“, fügt sich der Doyen der Alten Musik in die Notwendigkeit. Der Körper fordert sein Recht, aber der Geist weht, wo er will. Dass René Clemencic zum Abschied mit einer ganz besonderen Trouvaille aufwartet, versteht sich von selbst. Das Konzert ist zur Gänze dem Schaffen des Augustinerpaters Fray Bartolomeo de Selma y Salaverde gewidmet, der am Beginn des 17. Jahrhunderts als Fagottist in der Hofkapelle des Erzherzogs Leopold von Tirol in Innsbruck wirkte, ehe er sich in Venedig niederließ, wo kurz vor seinem Tod 1638 sein „Primo libro de Canzoni, Fantasie e Correnti da suonar a 1, 2, 3, 4 voci con Basso Continuo“ im Druck erschien. „Großartige Musik, die in Wien noch nie gespielt wurde“, schwärmt Clemencic, der sich mit diesen Stücken nochmals auf sein ureigenstes Terrain begibt. War es doch stets sein Bestreben, „alte Musik in allen Zuständen“ erfahrbar zu machen, also abseits des populären Barock-Repertoires Werke des Mittelalters, der Renaissance und des Frühbarock lebendig werden zu lassen. „Unser letztes Programm war der Renaissance gewidmet. Und es wurde mit Begeisterung aufgenommen“, freut er sich über die Resonanz des Publikums. Dieses habe sich durch die Jahrzehnte auch deutlich verändert: „Früher waren das einige Spinner, aber jetzt spürt man, dass die Leute immer aufmerksamer werden, dass sie unsere Programme nicht als musikwissenschaftliche Marotte empfinden, sondern als Musik, die einem wirklich etwas gibt. So ist auch nicht Bekanntes in Vertrautheit zu uns gekommen. Das ist unglaublich befriedigend!“