„Marianka, komm und tanz me hier!/ Heut is schon schetzko jedno mir./ Me tanzens Polka alle zwei,/ wo isse Hetz, ist Böhm dabei“: Man muss es sich mit dem entsprechenden Akzent gesungen vorstellen, was „zwei böhmische Mädchen“ in ihrem Duett trällern, das sich in der praktisch immer gestrichenen Ballettmusik der „Fledermaus“ findet, uraufgeführt 1874. Damals war sie bereits zum Operettenklischee geronnen: die in der Hauptstadt der Donaumonarchie gängige Ansicht des hier gemütlichen, dort mitreißenden, in jedem Falle aber urwüchsigen böhmischen Musikantentums. Dabei stand in diesem Jahr Antonín Dvořáks Initialerfolg mit den „Slawischen Tänzen“ noch aus – während Bedřich Smetana gerade an „Vyšehrad“ und „Moldau“ arbeitete, jenen ersten beiden symphonischen Dichtungen, die sich zum monumentalen Zyklus „Má vlast“ auswachsen sollten. Diese musikalische Feier von Mythen, Geschichte und Landschaft seines im Titel genannten „Vaterlandes“ schrieb freilich ein schwer kranker, sein Gehör verlierender Komponist, der das Tschechische erst als Erwachsener erlernt und seinen deutschen Taufnamen Friedrich in einem politischen Bekenntnis zur tschechischen Variante geändert hatte ...
In einem bislang einzigartigen, umfassenden Programmschwerpunkt macht der Musikverein ein weites Panorama tschechischen Musikschaffens erlebbar, von Smetana bis zur Gegenwart – mit prominenten Interpreten aller Sparten und Gattungen; von Orchester- und Kammerkonzerten über Lied und Klaviermusik, Lesungen und die beliebten Kinderkonzertformate; und das in sämtlichen Sälen, ja sogar und ganz bewusst bis hinaus ins Freie zu Urban Street Dance mit jungen Leuten, denen Dvořák in die Beine geht. So unterschiedliche Stars wie Semyon Bychkov und die Tschechische Philharmonie, Magdalena Kožená, Sir András Schiff und Jewgenij Kissin, Yuja Wang, Thomas Quasthoff, Barbara Coudenhove-Kalergi und Cornelius Obonya, das Klavierduo Labèque, der Singverein und Studierende der mdw und der MUK, sie alle und noch mehr wollen Erwachsene, Jugendliche und Kinder gleichermaßen begeistern, packen, zum Nachdenken bringen – mit Musik, aber durchaus auch mit politischen und sozialen Themen, wie sie etwa auch die 1940 verstorbene Komponistin und Dirigentin Vítězslava Kaprálová verkörpert.