Gibt es Stoffe, die sich für Kinder besonders oder gar nicht eignen?
Natürlich gibt es Grenzen, extreme Gewalt zum Beispiel – aber sehr vieles eignet sich perfekt, selbst wenn es auf den ersten Blick gar nicht so aussieht, „Peer Gynt“ zum Beispiel. Wir haben das hingekriegt, und es war sehr gelungen. Die Kinder nehmen das an, auch wenn in diesem Stück am Ende die Mutter stirbt. Es kommt immer auf das Wie an und was man eventuell ausspart. Oder wie man es abfängt oder bricht. Bei „La traviata“ etwa haben wir kollektives Weinen geübt. Oder nehmen wir „Orpheus und Eurydike“: Da hab ich die Kinder gefragt – dreht er sich um oder nicht? Die haben gesagt – nein! Und ich: Doch, er dreht sich um, ist eben ein Trottel, was soll man machen! Allein indem man die Situation beredet, kann man sie bewältigen. Mit der Zeit weißt du, was ein Thema sein könnte. Und fängst es ab.
Kann es sein, dass man Kinder bisweilen unterschätzt?
Ja, das ist eine Gefahr. Aber gute Kindertheaterleute machen das nicht. Die Kinder merken nämlich sofort, ob du sie ernst nimmst oder nicht. Nur Ironie darfst du nicht verwenden, das verstehen sie nicht.
Die Figur des Faust, von der du in deinem neuen Programm ausgehst, ist ja faszinierend. Von der realen Person des Johann Georg Faust (1480–1541) über die komische Faust-Figur im England der Renaissance bis zum literarischen und humanisierten Goethe’schen „Faust“ (1797), den wir alle aus dem Deutschunterricht kennen.
Mein Faust hat etwas von all diesen Faust-Figuren. Von Goethe greife ich hauptsächlich die Handlungsstruktur auf – und die lustigen Zitate. „Des Pudels Kern“ zum Beispiel. Es kommt ein Pudel vor, und den spiele natürlich ich, wie auch alle anderen Rollen. Der ursprüngliche Faust war ja ein Magier – das ist primär mein Faust.