„Die schönsten Pianissimi meines Dirigentenlebens“
Was der Wienerwald mit der Sächsischen Schweiz zu tun hat? Die grüne Lunge Wiens als Grundlage für die hierzulande so gern gepflegte Weinseligkeit etwa mit dem Elbsandsteingebirge? Christian Thielemann weiß es: „Wenn Sie die Landschaft kennen, dann verstehen Sie die Leute besser – und dann ahnt man auch, woher die Musik kommt.“
Was der Wienerwald mit der Sächsischen Schweiz zu tun hat? Die grüne Lunge Wiens als Grundlage für die hierzulande so gern gepflegte Weinseligkeit etwa mit dem Elbsandsteingebirge? Christian Thielemann weiß es: „Wenn Sie die Landschaft kennen, dann verstehen Sie die Leute besser – und dann ahnt man auch, woher die Musik kommt.“ Zum Beispiel dann, wenn Carl Maria von Weber an den bizarren Felsformationen Maß zu nehmen scheint für die schaurige Wolfsschluchtszene in seinem „Freischütz“ und das dort Erlebte, mag die Uraufführung auch in Thielemanns Geburtsstadt Berlin erfolgt sein, seiner geliebten Sächsischen Hof- und später Staatskapelle Dresden auf den Leib komponiert.
Oder wenn es um die Werke so hoch geschätzter „Zuag’reister“ wie Johannes Brahms oder Richard Strauss geht: „Dafür müssen Sie auch mal beim Heurigen gewesen sein, im Wienerwald, in Baden und so weiter.“ Weber und später auch Richard Wagner haben ihre Klangvorstellungen an den Dresdnern geschult; Strauss hat nicht von ungefähr viele seiner Opernpremieren in Dresden herausgebracht – und zählte zugleich zu den besonderen Lieblingen der Wiener Philharmoniker. Wen wundert’s, dass die Dresdner wie die Wiener nach wie vor jene Orchester sind, die Thielemann am nächsten stehen?
„Sie haben zunächst mal etwas Entscheidendes gemeinsam“, verrät er: „Das sind zwei Opernorchester, die auch Konzerte geben. Das ist unglaublich wichtig und auf diesem Weltniveau extrem selten. Die Tradition dort wie da pflegt auch diesen gemischten, weichen, unaggressiven Klang. Die Musizierhaltungen ähneln einander, das ist für mich sehr schön, weil ich auf dieselbe Art probieren kann. Aber: Die Wiener sind halt das katholische Orchester, mit dem Hang zum Hochamt, einer Menge Weihrauch und prunkvoll gekleideten Kardinälen.
In Dresden dagegen sind wir Protestanten – und das ist etwas anderes. Nicht nüchterner, aber eine Spur zurückgenommener, was aber den Stücken hervorragend bekommt, weil sie nie zu laut gespielt werden. Das ist wieder ein Bindeglied: Mit diesen beiden habe ich jedenfalls die schönsten Pianissimi meines Dirigentenlebens erzielt.“ Ausdrucksfortissimi bei stellenweise zartestem Klang: Die sind im Golden Saal weiterhin zu erwarten – mit vier Wunschprogrammen und den zwei Wunschorchestern: der Staatskapelle Dresden, als deren Chefdirigent er noch bis 2024 fungiert, und den Wiener Philharmonikern.
Mit den Wienern stehen zwei intensive Abende mit der Musik von Johannes Brahms an, der in Thielemanns Wien-Auftritten bisher keine so große Rolle gespielt hat. Den Symphonien 2 und 3, letztere eine Musikvereins-Novität für ihn, stellt er dabei die beiden Klavierkonzerte gegenüber, deren Soloparts Igor Levit übernimmt: eine Interpretenkombination, die Außergewöhnliches verheißt. Dazu kommen zwei Gastspiele der Dresdner, die ihren Hausgöttern huldigen: Wagner und Strauss. Die Ouvertüre zum „Tannhäuser“, „Eine Alpensymphonie“ und die Walzer aus dem „Rosenkavalier“, alles Werke, die von der Staatskapelle uraufgeführt wurden, sowie „Also sprach Zarathustra“.
Zwei Raritäten nicht zu vergessen: Zusammen mit dem gefeierten Bratschisten Antoine Tamestit bricht Thielemann auch eine Lanze für Paul Hindemiths Violakonzert „Der Schwanendreher“. Und in der „Jubel-Ouvertüre“ Carl Maria von Webers erklingt zuletzt die wohlbekannte Melodie „God save the King“, die freilich auch in deutschen Landen als „Heil dir im Siegerkranz“ allerlei patriotischen Zwecken diente – in Webers Anlassfall dem 50-jährigen Thronjubiläum von Friedrich August III. als Kurfürst von Sachsen.
Ein Text von Walter Weidringer.
Beatrice Rana
Von ihrer Heimat Apulien zog Beatrice Rana aus, die klassische Musikwelt zu erobern. 2023/24 nimmt der Musikverein die dreißigjährige Pianistin in den Fokus und widmet ihr einen eigenen Schwerpunkt mit drei Programmen, in denen sie ihre Stilsicherheit in einem weitgefächerten Repertoire unter Beweis stellen kann.
Riccardo Muti
Man möchte dabei gewesen sein, 1973, beim Ball der Wiener Philharmoniker. Die Eröffnung dirigierte ein noch nicht ganz 32-jähriger Italiener, von dem man schon Wunderdinge vernommen hatte: Riccardo Muti. Der Musikverein sollte zu einer Heimat für ihn werden, einem Zentrum seiner Weltkarriere. 50 Jahre nach seinem Debüt widmet die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ihrem Ehrenmitglied einen Saisonschwerpunkt: Riccardo Muti im Fokus.
Karina Canellakis
Sie ist auf dem besten Weg, die Konzertpodien der Welt zu erobern: Die New Yorker Dirigentin Karina Canellakis präsentiert sich als Künstlerin im Fokus.
Santtu-Matias Rouvali
Santtu-Matias Rouvali ist gerade dabei, international durchzustarten. Die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien nimmt den jungen finnischen Dirigenten 2023/24 in den Fokus: Santtu-Matias Rouvali am Pult der Göteborger Symphoniker, des Philharmonia Orchestra London und der Wiener Symphoniker.