Oratoriensänger und "Müllerbursch"
Mit Barockmusik hat er begonnen, sein erster Bühnenauftritt erfolgte in einer Cavalli-Oper in Toronto. Nach seiner Ausbildung am Curtis Institute in Philadelphia machte er sich als Oratoriensänger zunächst in Kanada einen Namen, sang Händels "Messias" in der Carnegie Hall und absolvierte erste Operngastspiele in Bologna und beim Rossini-Festvial in Pesaro. Was seine Karriere in Europa betrifft, war sein Mentor in den ersten Jahren Helmuth Rilling, der ihm die Partie des Evangelisten in der "Johannes-Passion" anvertraute. Inzwischen hat Schade mit John Eliot Gardiner und mit Trevor Pinnock ebenso gearbeitet wie mit Claudio Abbado und Pierre Boulez (mit dem er Mahlers "Lied von der Erde" aufnahm), mit Riccardo Muti und Nikolaus Harnoncourt.
Mit letzterem verbindet ihn eine besonders enge Zusammenarbeit, die nicht nur durch mehrere gemeinsame Auftritte im Musikverein dokumentiert ist. Unter Harnoncourts Leitung sang Schade den Rinaldo in Haydns "Armida" mit Cecilia Bartoli bei der styriarte 1998, unternahm im Bach-Jahr 2000 eine Tournee mit der h-moll-Messe und gestaltete die Tenorarien in der neuen Aufnahme der Matthäus-Passion.
Zwischen der Arbeitsweise von Muti, der prinzipiell erst eine Woche vor der Premiere anreist, und der intensiven Art gemeinsamen Probens mit Harnoncourt liegen Welten, die Schade scheinbar mühelos überbrücken kann. "Man muß sich als Sänger darauf einstellen, daß jeder Dirigent einen anderen Stil hat. Auf den sollte man sich im Vorfeld vorbereiten", sagt er pragmatisch. "Dann kommt es meist zu großartigen Proben und zur Erweiterung der eigenen Klang- und Interpretationsfarben, von denen man ein Leben lang zehrt."
Fast überflüssig, jetzt noch zu erwähnen, daß der Liedgesang für Michael Schade immer großen Stellenwert besaß. Er findet es kurzsichtig, wenn sich Kollegen ausschließlich auf die Oper konzentrieren. Ausgerechnet vor dem so verwöhnten wie sachkundigen Publikum der Schubertiade interpretierte er im vergangenen Herbst erstmals "Die Schöne Müllerin". Der Naturbursch vom Erie-See ist sich seiner Sache eben sicher - und der Erfolg gibt ihm recht.
Monika Mertl
Monika Mertl ist Musikjournalistin in Wien. Sie arbeitet für die Salzburger Nachrichten sowie für in- und ausländische Fachmagazine, ist sie Herausgeberin des Salzburger FestspielAlmanachs und Buchautorin.